Dienstag, 28. März 2023
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„Deutschland ist keine Bananenrepublik“

„Deutschland ist keine Bananenrepublik“
Die SPD gehört in Reinickendorf zu den Verlierern der Wiederholungswahl. Wer künftig den Bezirk regieren wird, ist weiterhin unklar. Foto: hb

Bezirk – „Der Wähler hat gesprochen und am 12. Februar die regierende Koalition im Land, aber auch die ,Zählgemeinschaft‘ in Reinickendorf klar abgewählt.“ So sieht das Rolf Wiedenhaupt, Vorsitzender der AfD-Fraktion in der BVV Reinickendorf. „Dies muss sich auch in der Zusammensetzung des Reinickendorfer Bezirksamtes und der Gremien der BVV abbilden. Wir erwarten, dass der Wählerwille in vollem Umfang auch im Bezirk umgesetzt wird. Dazu gehört, dass eine vollumfängliche Neuwahl des Bezirksamtes stattfindet und sich der jetzige Bürgermeister angesichts des Wahlergebnisses zurückzieht“, so Wiedenhaupt weiter.

Doch gut vier Wochen nach der Wiederholungswahl laufen die politischen Geschäfte im Bezirk wie vor der Wahl. Uwe Brockhausen (SPD) führt den Bezirk als Bezirksbürgermeister und die Stadträte ihre Ressorts. Gespräche zwischen den Parteien zu möglichen neuen Koalitionen fanden nicht statt – man wartete das Ergebnis auf Landesebene ab. Dort wird das rot-grün-rote Bündnis wohl nicht fortgesetzt; CDU und SPD wollen eine Koalition eingehen und Berlin könnte somit künftig von Kai Wegner (CDU) regiert werden. Ob sich Ähnliches auch in Reinickendorf vollzieht, bleibt abzuwarten.

Anders als auf Landesebene, wo die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey aufgrund des Vorsprungs der CDU bereit ist, von ihrer Position zurückzutreten, ist die Situation in den Bezirken anders. Die Bezirksbürgermeister und Stadträte werden von den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) gewählt. Danach erfolgt ihre Ernennung zu Beamten auf Zeit für die fünfjährige Wahlperiode. Veränderbar ist dies nur durch einen Rücktritt oder mittels einer Abwahl per 2/3-Mehrheit. „Die nach dem Wahlergebnis vom Februar 2023 veränderten Mehrheiten machen aber Neubesetzungen notwendig. 2/3-Mehrheiten auf die Beine zu stellen, ist zumeist illusorisch. Es braucht eine Gesetzesänderung“, erklärt CDU-Spitzenkandidatin Emine Demirbüken-Wegner. „Deutschland ist ja keine ‚Bananenrepublik‘, in der der Wählerwille nicht zählt. Die Einhaltung des demokratisch legitimierten Wählerwillens steht über allem. Deshalb hat die CDU Berlin einen Vorschlag zur Gesetzesänderung gemacht.“ Diese muss auf Landesebene beschlossen werden und soll die Rechtsverhältnisse der BVV-Mitglieder neu regeln. Dabei geht es unter anderem um Pensionsansprüche für freiwillig zurückgetretene Politiker.

Die Reinickendorfer Bezirksverordneten treten am 16. März zu ihrer ersten Sitzung nach der Wiederholungswahl zusammen. An diesem Abend werden Bezirksverordnete, die nicht wieder gewählt worden sind, nicht mehr dabei sein – die neu Gewählten allerdings schon. Dennoch wird nach dieser Sitzung wohl alles erst einmal beim alten bleiben. Denn das derzeitige Bezirksamt – die Stadträte und der Bezirksbürgermeister – wird so lange im Amt bleiben, bis die BVV eine andere Entscheidung trifft. Und diese wird sie erst treffen, wenn die Gesetzesänderung beschlossen worden ist. „Zuvor wird meiner Meinung nach kein Mitglied des Bezirksamtes zurücktreten“, vermutet Marco Käber, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der BVV. „Ich schließe aber nicht aus, dass es später Änderungen im Bezirksamt geben kann. Es wird Ab- und Neuwahlen geben, möglicherweise treten auch Kollegen zurück.“

Emine Demir­büken-Wegner sagte zu diesem Thema bei einem Besuch in einer Seniorenfreizeitstätte: „Ich gehe davon aus, dass der demokratische Wille der Menschen auch hier in Reinickendorf akzeptiert werden wird. Die ‚Schockstarre‘ der ehemaligen ‚Ampel‘ im Bezirk wird sich auflösen.“ Und weiter: „Fakt ist, dass in Reinickendorf die bisherige Mehrheit abgewählt worden ist. Folglich muss hier neu besetzt werden, insbesondere was den Bezirksbürgermeister angeht. Das funktioniert jetzt nur, wenn es entsprechende Gesetzesänderungen gibt. Und das dauert eben.“ Sie hofft, dass „das Wahlergebnis akzeptiert wird“: „Da ich Rücktritte nicht erkennen kann, sollten die gesetzlichen Änderungen schnell beschlossen werden und die BVV dann zügig die notwendigen Neuwahlen durchführen. Ich bin da optimistisch.“

hb

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