Freitag, 29. September 2023
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„Schauerliche“ Bücher, die alle lieben

„Schauerliche“ Bücher, die alle lieben
Den Eingang der Otfried-Preußler-Grundschule in Heiligensee ziert ein Wandbild mit Figuren aus den Büchern von Otfried-Preußler. Foto: bod

„Ich würde mich herzlich freuen, wenn Sie mal wieder so schauerliche Bücher schreiben“, schrieb eine achtjährige Leserin an den bekannten Kinderbuchautor nach der Lektüre von „Das kleine Gespenst“. Otfried Preußler, der vor zehn Jahren, am 18. Februar 2013, im Alter von 89 Jahren verstarb, beantwortete seine Fanpost immer persönlich. Sie gehört zum Nachlass, der am 22. Oktober 2013 feierlich an den Preußischen Kulturbesitz übergeben wurde. Dazu lud die Staatsbibliothek auch Klassen der Otfried-Preußler-Schule aus Heiligensee ein.

Eigentlich begann der Werdegang des Autors bereits mit seiner Großmutter – ihr Vater betrieb neben der Hufschmiede eine Fuhrmannsherberge. Preußler erklärt: „An langen Abenden muss da viel erzählt worden sein, und die Großmutter Dora hat als Kind diesen Erzählungen fleißig zugehört. Deshalb steckte sie bis ins hohe Alter voller Geschichten, die sie auf kunstvolle Weise zu variieren und auszuspinnen verstand und meinem Bruder und mir erzählte.“ Sie behauptete, ihre Fabeln stammen „aus einem dicken alten Geschichtenbuch“. Erst später wurde Preußler klar, dass dieses ominöse Werk nur im Kopf seiner Großmutter existierte und so war das wichtigste Buch seines Lebens eines, „das es in Wirklichkeit gar nicht gegeben hat“.

Sein Vater, ein Lehrer, sammelte böhmische Sagen, die er sich so wie die Brüder Grimm von den Einheimischen erzählen ließ. Einige der Fabelwesen aus den alten Legenden tauchten später in Preußlers Büchern wieder auf.

Der zweite Weltkrieg führte dazu, dass Preußler seine nordböhmische Heimat verlassen musste. Als Soldat geriet er 1944 in sowjetische Gefangenschaft. Erst vier Jahre nach der Kapitulation durfte er zurück, ging nach Deutschland und traf in Rosenheim seine Angehörigen wieder – auch die Verlobte war dort, mit der er sich bald darauf vermählte. Sein Lehrerstudium finanzierte er als Lokalreporter und als Autor für den Kinderfunk des Süddeutschen Rundfunks. Seinen drei Töchtern erzählte er Gute-Nacht-Geschichten von der kleinen Hexe, noch bevor er plante, ein Buch daraus zu machen. „Der Räuber Hotzenplotz“ war 1962 so erfolgreich, dass der Autor einen zweiten und 1973 sogar einen dritten Band folgen ließ. Düsterer ging es in seinem Roman „Krabat“ zu, in dem ein Zauberlehrling sich gegen das Böse zur Wehr setzt.

Bis 1970 war Preußler noch als Schuldirektor im Landkreis Rosenheim tätig. Schon sechs Jahre später wurde im Hessischen Dillenburg die erste Schule nach ihm benannt, da war der Autor gerade erst 53. Nach der Asbestsanierung der Grundschule in der Heiligenseer Schulzendorfer Straße 99 vor zwölf Jahren setzte sich ebenfalls Preußlers Name durch. Dort begrüßen die populärsten Figuren seiner Werke auf dem liebevoll gestalteten Wandgemälde die Besucher vor dem Eingang. Gelegentlich geistern das kleine Gespenst und der kleinen Wassermann durch den Unterricht. Ebenso erinnert das Schullogo mit dem Raben Abraxas aus der „Kleinen Hexe“ an den Namenspatron, mit dessen Tochter die Schule noch in Kontakt steht. Neben dem Großen Bundesverdienstkreuz erhielt der Schriftsteller zahlreiche Auszeichnungen und war besonders stolz auf den „Goldenen Marmeladendeckel“ von der Kindergruppe Lese-Raben aus Oberbayern. Am 20. Oktober jährt sich Preußlers Geburtstag zum 100. Mal.

bod

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