
Ein Alt-Reinickendorfer erinnert sich an seine fahrbaren Untersätze. Los ging‘s mit dem Kinderwagen, einer frühen Vorform des automatischen, obgleich nicht autonomen Fahrens. Immerhin bot das Kinder-Cabrio aus ostdeutscher Produktion reichlich Stoff für eine Familienstory: Anlässlich der Ausreise meiner Eltern nach Westberlin (der Begriff der „Republikflucht“ war noch nicht erfunden) im Jahr 1954 ruhte ich im Wägelchen mit mehrfach abgepolstertem Silberbesteck unter mir. Auch wegen Letzterem verbrachte meine Mutter bange Momente in der Ausreise-Schlange bis eine vehemente Ansage vom russischen Wachmann sie aufschreckte: „Du Mutter komm her!“– ihr rutschte das Herz vollends in die Hose. „Du müssen nicht warten“ – und der Soldat öffnete ihr eine Tür in den „Goldenen Westen“.
Mit zeitlichem Abstand folgte in meiner privaten Fahrzeugflotte „Brumbi“ als rotberollter, strohgestopfter erzgebirgischer Reitbär. Jahre später ein roter Roller – frisch gekauft im Deutschen Familien Kaufhaus DeFaKa am Tauentzien-/Ranke-Dreieck. Im Winterschnee kam ein Holzschlitten zum Einsatz, aber Todesbahn-tauglich für den Kienhorst Park musste er sein. Danach diverse Fahrräder von 24er bis 28er Rahmen parkten im Fahrradkeller der Klamannstraße.
Die Mofa-Phase habe ich glatt übersprungen, aber dafür schon mit 17 angefangen, den Führerschein zu machen: „Pauken für die Pappe“, lautete mein persönliches Mobilitäts-Motto. Prüfung dann gleich mit 18. In der Folge gelegentliches Mitfahren beim Vater im Audi-Vorläufer DKW-Junior und später DKW F 102; beide seinerzeit noch Zweitakter. Übrigens hat das Autofahren im Mauer-Berlin vor 1989 – und damit noch lange vor Jaraschen Hauruck-Maßnahmen – auf noch ziemlich leeren, breiten Straßen ausgesprochen Spaß gemacht …
Das erste eigene Auto habe ich mir durch Ferien- und Nachmittags-Jobs finanziert: Ein weißer VW-Käfer für 450 Mark stand bald als mein Stolz auf dem Klamannstraßen-Parkplatz. Als Gymnasiast war die Fahrzeughaltung allerdings nicht ganz ohne; man wurde immer genötigt, Mitschüler mitzunehmen, was wegen Ablenkungen auch schon mal zu einer Tür-Blessur führte. Nächstes Fahrzeug in der Reihe war ein lilaschwarzer 100-Mark-Käfer mit Sonne unterm Käferhimmel und Bommelchen an den Scheiben. Lustig: Das dicke Röhren-Autoradio wackelte, wenn jemand die Scheibenwischer betätigte. Mit Dachgepäckträger und Zelt obendrauf gings mit dem 34 PSler zu viert unbeschadet nach Nordschottland. Erst auf der Transitstrecke zurück ist uns eine Stoßstange abgefallen. Treuester Begleiter in diesen Zeiten war das Abschleppseil, denn nicht selten lautete die Diagnose „Kolbenfresser“ mit Motorwechsel in der Folge.
Schließlich rollte nach einer Auktion ein gelber Postkäfer der seinerzeitigen Telefonie-Sparte in mein Leben. Er war knallgelb, bot nur zwei Sitze, aber dafür hinten eine Ladefläche. Zum Glück hat nie jemand versucht, durch die geöffnete Scheibe Briefe einzuwerfen …
Conny Chronowitz

Mit „Brumbi“ fing es an Foto: du