Montag, 27. März 2023
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Batman in Reinickendorf

Batman in Reinickendorf
Eine Fransenfledermaus (l.) und zwei Wasserfledermäuse im Schlafmodus Foto: J. Bauer

Tegel – Im Sommer sieht man sie am Abendhimmel flattern: Kleinere und etwas größere Fledermäuse drehen über den Hinterhöfen und in Parks ihre Runden, um ihr Abendessen,– pardon Frühstück – bestehend aus kleinen Fliegen und anderen Insekten, zu fangen.

Berlin ist die Hauptstadt der Fledermäuse. Bisher wurden 18 verschiedene Arten nachgewiesen, von denen allerdings nur fünf Arten auch den Winter in der Stadt verbringen. Allerdings sind sie dann für die Berliner nicht zu sehen. Wenn die Temperaturen sinken, verschwinden sie spurlos. Ein Ort, an dem sie die kalte Jahreszeit verbringen, ist die Spandauer Zitadelle: Allein in den Gewölben des 400 Jahre alten Gemäuers überwintern alljährlich bis zu 11.000 Individuen. Gleich danach gilt das Wasserwerk Tegel, was die Überwinterungszahlen der kleinen Flattertiere betrifft, aktuell als zweitgrößtes größeres Fledermauswinterquartier in Berlin.

Ich bin auf dem Gelände des Wasserwerks an der Bernauer Straße unterwegs mit Jan Reckner, Wassermeister des Wasserwerks Tegel. Es ist kalt, und die Blätter der Büsche sind mit kleinen Eiskristallen überzogen. „Die Gebäude, zu denen wir nun gehen, sind zwei nicht mehr genutzte Sandfilter“, erklärt Reckner. 1877 wurden die Gebäude in Klinkerbauweise gebaut und 1998 als Fledermausquartier zur Verfügung gestellt. Das war auch notwendig, denn Fledermäuse – übrigens die einzigen Säugetiere, die aktiv fliegen können – gehören zu den am stärksten bedrohten nachtaktiven Säugetierarten Mitteleuropas. Und ihre Bestände sinken weiter.

1987 hat Berlin eins der ersten Artenhilfsprogramme in Deutschland aufgelegt, um Daten zu erfassen, die Winterquartiere zu erhalten und sie zu optimieren. 21 solcher Quartiere sind seit 1989 neu entstanden oder den Fledermäusen zugänglich gemacht worden. Partner wie die Berliner Forsten oder die Berliner Wasserbetriebe haben mitgeholfen. Fledermäuse aller Art schätzen diese Quartiere, um sicher zu überwintern. So wurden etwa Belichtungsschächte von Buschwerk befreit und instandgesetzt. Und in den stillgelegten unterirdischen Sandfiltern und Reinwasserbehälter der Was­ser­werke Tegel und Friedrichshagen wurden hunderte neue Versteckmöglichkeiten durch lückige Ziegelmauern, Hohlblocksteine und Flachkästen geschaffen.

Reckner nimmt mich mit in eines der ehemaligen Sandfilter-Gebäude. Feucht ist es dort und dunkel. Gleich an der Wand am Eingang sitzt ein überwinternder Schmetterling. Weiter hinten zeigt er mir die Verstecke aus Bausteinen und Fledermauskästen, die nach und nach für die Fledermäuse installiert wurden. Ein paar der Tiere hängen an den Decken der Gewölbe – Reckner zeigt auf zwei Wasserfledermäuse und eine Fransenfledermaus, die tief und fest schlafen. Einmal im Jahr werden die Tiere gestört, wenn sie durch erfahrene Spezialisten bei einem Artenmonitoring in den Winterquartieren gezählt werden. „Leider hat die Zahl der Tiere, die hier überwintern, in den vergangenen Jahren immer weiter abgenommen“, weiß Reckner. Waren es im Februar 2022 noch über 1.000 Fledermäuse – darunter rund 601 Wasser-, 447 Fransenfledermäuse und 21 Braune Langohren, wurden in diesem Winter lediglich 988 Tiere gezählt.

Ein Grund könnte die anhaltende Trockenheit in den vergangenen Sommern sein, die die Nahrungssuche heimischer Fledermäuse erschwert. Schließlich brauchen Stechmücken und andere Insekten Feuchtigkeit, um sich zu vermehren. Allerdings ist bei Insekten ohnehin seit einiger Zeit ein Schwund der Bestände zu beobachten.

fle

Tunnelgemäuer
Im ehemaligen Sandfilter-Gebäude überwintern Fledermäuse. (Foto: fle)

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