
Hermsdorf – „Das Antike Griechenland führt den Mythos der Zeichnung zurück auf eine rührende Liebesgeschichte. Ein Mädchen nimmt bei Kerzenschein Abschied von ihrem Geliebten, der in den Krieg zieht. Die Lampe wirft seinen Schatten an die Wand und das Mädchen zieht den Umriss mit einer Linie nach, um sein Antlitz für immer in Erinnerung zu behalten“, erklärt Dr. Sabine Ziegenrücker, Leiterin der Kommunalen Galerien Reinickendorf, bei der Eröffnung der Ausstellung „Strich um Strich“ in der GalerieEtage im Museum Reinickendorf.
Die Zeichnung fasziniert die Menschen bereits seit Jahrtausenden. Man könnte sogar sagen, die Kulturgeschichte des modernen Menschen habe mit der gezeichneten Linie begonnen. Die GalerieEtage widmet dieser besonderen Kunsttechnik eine eigene Ausstellungsreihe, die bereits letztes Jahr mit der ersten Präsentation „Linie auf Fläche“ ihren Anfang nahm. Am 7. Oktober wurde mit „Strich um Strich“ nun die zweite Schau der Ausstellungsreihe „Zeichnen“ eröffnet.
Es werden Werke neun unterschiedlicher künstlerischer Positionen gezeigt. Punktiert, schraffiert, linear, geschwungen, mit Farbe oder ohne. Die gesamte Vielfalt der Zeichnung wird in der Ausstellung präsentiert. Großflächige Wandinstallationen, die sich über die GalerieETAGE ausbreiten, wechseln mit filigranen, sensiblen Zeichengebilden. Einige der Arbeiten wurden speziell für die Ausstellungsräume angefertigt.
Zu sehen sind Werke von Paula Doepfner, die auf Skizzen basieren, die die Künstlerin beim Beobachten von Gehirnoperation an der Charité Berlin anfertigt. Großformatige Kohlezeichnungen von Peter Hock, die durch ihre Intensität und Präzision beeindrucken und zu gleich irritieren. Beate Spitzmüller bringt durch ihre ganz eigene Technik die „Zeit“ auf Papier. Tina Tahir verzichtet auf ein Trägermedium und zeichnet ihre Werke direkt an die Wände. Bei Jens Hanke kommt Farbe in Spiel. Speziell für die Ausstellung entwarf er eine Tapete als Hintergrund für seine Zeichnungen, die alle Blicke auf sich zieht.
Im selben Raum finden sich die Werke Karen Schepers, die ebenso farbgewaltig daherkommen. Im Kontrast dazu stehen die filigranen Werke Ev Pommers. Hier wird die Linie plastisch in zarten Skulpturen erfahrbar, die in Harmonie zu den hauchfeinen Zeichnungen der Künstlerin stehen. Im letzten Raum der Ausstellung erwartet die Besucher die Holzschnitte und Tuschezeichnungen von Anne C. Lohrmann sowie die wandfüllenden und überlebensgroßen Cut-Outs von Petra Lottje, welche unser Verständnis von Papierarbeit vollkommen sprengen. Noch bis 15. Januar ist die gezeichnete Linie in allen ihren Variationen in der Galerie Montag bis Freitag und sonntags 9 bis 17 Uhr zu sehen. Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm mit Workshops, Führung und Künstlergespräch. Programm: www.museum-reinickendorf.de Véronique Fritsche